1. Zur Wahl des Korpus
Renaud ist nicht
nur Sänger, sondern in erster Linie Autor und Dichter (vergleiche Kapitel 3:
Renaud). Nach über 25 Jahren Karriere ist sein Repertoire groß: er hat
zahlreiche Chansons veröffentlicht, einige Comics geschrieben und er war lange
journalistisch als Chroniker für die Wochenzeitschrift Charlie-Hebdo tätig. Bekannt geworden ist er aber durch seine
Chansons, und diese machen auch den größten Teil seines Schaffens aus. Im
Laufe der Arbeit sollen also ausgewählte Titel Renauds aus unterschiedlichen
Alben sprachlich analysiert werden. Im Gegensatz zu seinen Chroniken oder Comics
beruhen die Chansons auf Mündlichkeit. Es finden sich also keine Besonderheiten
wie Orthographiefehler (die in den Comics der Charakterisierung der
Protagonisten dienen) oder revidierende, teils amüsante Bemerkungen wie in
seinen Wochenchroniken. Die Chansontexte weisen in der Graphie jedoch die
Transkription der Mündlichkeit auf. Auf dieses Phänomen wird in den Analysen
eingegangen, ebenso wie auf lexikalische, phonetische und morphosyntaktische
Besonderheiten. Ein weiterer Grund für die Auswahl von Renauds Chansons als
Korpus dieser Arbeit ist die Verbreitung sprachlicher Phänomene durch Liedtexte.
Zwar werden auch in den Comics und in den Wochenchroniken Auffälligkeiten
bemerkt, aber nicht im gleichen Maße in den aktiven Sprachgebrauch übernommen
wie aus den Chansons. Diese Tatsache bildet ein weiteres interessantes
sprachwissenschaftliches Phänomen und verstärkt somit die Auswahl der Chansons
als Korpus. Des weiteren nimmt Renaud in seinen Chansons verschiedene
Sichtweisen ein, Themen werden differenzierter behandelt als in seinen Comics,
die sich größtenteils auf ein Umfeld bestimmter Personen und Gruppen beziehen,
und als in seinen Chroniken, die hauptsächlich autobiographischer Natur sind.
Die Chansons sind also durch eine Themen- und Protagonistenvielfalt
gekennzeichnet und eignen sich deshalb besonders zur Untersuchung der
verschiedenen Sprachniveaus und Sprachregister, durch welche die Personen
charakterisiert werden.